Mama – Allein zu Haus

Bild: Anne

Durch die Nacht mit …

Es ist 20:34 Uhr an einem gewöhnlichen Samstag und das Unmögliche ist geschehen: Alle Menschen unter 1,50 m Körpergröße haben freiwillig entschieden, die Nacht auf einem fremden Stern zu verbringen. Mein Mann ist ebenfalls unterwegs. Und ich? Ich sitze mit wild pochendem Herzen auf meinem Schreibtischstuhl und kann es kaum fassen. Neun Jahre, zwei Monate und achtzehn Tage hat es gedauert, bis dieser Augenblick eingetreten ist. Ich bin allein. ALLEIN! Jedenfalls fast …

Nun fragst du dich, warum ich diese wertvolle Zeit an einen Blogartikel verschwende? Ganz einfach. Ich habe eine lange längere Schreib-Durststrecke hinter mir. Einige Wochen musste die Leidenschaft zum Schreiben zurückstecken, weil der Job die Führung übernommen hat. Zwischendurch keimten zwar immer wieder Ideen auf und wollten Gehör finden, doch weiter als bis zum Bullet Journal und der Notizen-App sind sie nicht gedrungen.

In jeder freien Sekunde stürzte ich mich auf die Überarbeitung meines fantastischen Kinderromans und jaaaa, natürlich ist das auch irgendwie Schreiben aber irgendwie auch nicht. Neue Texte, neue Ideen aber vor allem neuen Figuren ein Leben einzuhauchen, das ist es, wonach ich lechze!

Und plötzlich wird mir dieser Abend geschenkt! Mein Herz klopft immer noch Samba. 

Was ist passiert?

Eigentlich bin ich gerade Strohwitwe. Der Mann unterwegs und traditionell ist das die Gelegenheit, um mit meinen Mädels ein spaßiges Muddi-Kind-Wochenende zu planen – mit Kinoabend, Kuschelvorlesen, Lieblingsessen … Hej! Es geht schlimmer!

Doch heute Nachmittag haben meine beiden, zusammen mit ihrem Nachmittags-Playdate entschieden, dass voneinander scheiden nicht nur weh tut, sondern völlig unnötig ist. Zack! Standen die Pläne für eine Übernachtungsparty und Zack! Saß ich auf der Straße mit meinen Mutter-Tochter-Abendplänen.

Das ist heute mein erstes Mal. Das erste Mal allein in unserer Wohnung. Ich war noch nie eine ganze Nacht allein in der Wohnung! Trommelwi…

»Du bist nicht allein!«
»Oh, sorry, hab dich vor lauter Glück glatt vergessen, Horst.«
»Wie gut, dass du mich hast, um dich an mich zu erinnern.«
»Ähm, ja. Danke. Wäre ja schrecklich, dich tatsächlich vermissen zu müssen.«
»Soweit wird es nicht kommen, Anne.«
Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Drohung war.

»Weißt du, was ich jetzt mache, Horst?«
»Pizza bestellen, Füße hoch und Netflix?«
»Öhhh, nein?«
»Badewanne, Whiskey und David Bowie?«
»Auf keinen Fall!«
»Döner?«
»No.«
»Sekt? Kino? Pediküre und Chips?«
»No. No. No. Und No.«
»50.000 Teile Puzzle?«
»Bist du auf?«
»Boaaah, komm schon, das wird langweilig. Sag!«
Ich glaube mein Grinsen könnte bei einem Jackpot-Gewinn nicht süffiger sein. Ich drehe mich einmal auf dem Schreibtischstuhl im Kreis und jauchze. »Frisches Brot mit Schafskäsecreme, Oliven, Baileys – und schreiben.«

Horst sieht nicht glücklich aus. Seine Monobraue sitzt verdammt tief über der Nasenwurzel. »Was hast du? Ist doch mega!«, freue ich mich.
»Und was mache ICH? Du hast den ersten Abend seit 9 Jahren frei. Frei! Frei.

Und mich planst du nicht ein?

»Öhmmmm. Doch natürlich, Horst. Du … Ähm. Dir lasse ich ein Bad ein und ein Glas Whiskey dazu. Außerdem singt David Bowie für dich die größten Hits.«
Horst überschlägt seine Beine und wippt auffällig ungeduldig mit der einen Pfote. Ein Auge ist halb zugekniffen, das andere linst zu mir herüber.
Ich verstehe die Aufforderung. »Okay. Außerdem darfst du dann im Bademantel das Sofa übernehmen und dir einen Film aussuchen.«
»Hm.«
»Was denn noch?«
Er räkelt sich, knackt den Nacken. »Joaaa, Hm, da wäre noch.«
»Oh neee, Horst, nicht schon wieder.«
»Aber es entspannt mich! Und du willst doch deine Ruhe haben…«
»Na, gut. Ich packe eine Pfotenmassage obendrauf. Das war’s dann aber!« Grollend starre ich ihn an. Wenn er weiter verhandelt, bekommen wir beide Ärg…
»Deal!« Horst hält mir seine Pfote hin und ich schlage ein.

So. Ich hab zu tun. Baileys auf Eis, leckeren Käse und ein frisches Dokument warten auf mich. Der Cursor blinkt. In meinen Fingerspitzen kitzeln ein paar Ideen. Die wollen raus.

Schreib schön und kraul mal wieder deinen Schweinehund!

Anne
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Killer Queen for a day!